Pflegesachleistungen
Alles, was Sie wissen müssen
Pflegesachleistungen – ein Begriff, bei dem man zuerst an Gegenstände wie Rollstuhl oder Krankenbett denkt. Doch tatsächlich handelt es sich bei Pflegesachleistungen um etwas ganz anderes, nämlich um die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes durch eine pflegebedürftige Person und die Übernahme der Kosten durch die Pflegekasse.
Wer in Deutschland pflegeversichert ist und mindestens Pflegegrad 2 besitzt, hat Anspruch auf Pflegesachleistungen. Ziel ist es, dass Pflegebedürftige in ihrem häuslichen Umfeld bestmöglich versorgt werden und so die Möglichkeit haben, abgesichert und würdevoll ihren Alltag zu bewältigen.
Beispiele für Pflegesachleistungen
Körperbezogen
- Körperpflege und -hygiene
- Bekleidung
- Ernährung
- Bewegung
Betreuung
- Hilfsmaßnahmen zur Gestaltung des Alltags
- Pflege von sozialen Kontakten
- Haushaltsführung (Kochen, Putzen etc.)
Ambulante Pflege
- Häusliche Betreuung
- Verabreichung von Medikamenten
- Wechsel von Verbänden
- Injektionen
Haushaltsführung
- Einkaufen
- Kochen
- Reinigen der Wohnung
- Waschen
Beratung
- Qualifiziertes Fachwissen in medizinischen Fragen
- Psychische Unterstützung der Betroffenen
- Kommunikation mit den Angehörigen
- Vermittlung weiterer Dienstleistungen (Essenslieferungen, Fahrdienste, Medizinisches Gerät, Krankentransporte)
Recht und Anspruch auf Pflegesachleistungen
Seit der Sozialreform 2017 wird die Pflegebedürftigkeit einer betroffenen Person nicht mehr in drei Stufen, sondern stattdessen in fünf Grade unterteilt. Die Beurteilung erfolgt in der Regel durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MD) bei gesetzlich Versicherten oder durch Medicproof bei privat Versicherten.
Wurde mindestens Pflegegrad 2 festgestellt, so hat die pflegebedürftige Person Anspruch auf verschiedene Leistungen wie zum Beispiel Pflegegeld und Pflegesachleistungen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Person bei sich oder Angehörigen zu Hause gepflegt wird und nicht auf stationäre Pflege angewiesen ist.
Wird eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 1 eingestuft, so besteht kein Anspruch auf Pflegesachleistungen. Es ist jedoch möglich, einen Entlastungsbetrag in maximaler Höhe von 125 Euro monatlich zu erhalten. Dieser steht allen Pflegebedürftigen zu, egal welchen Pflegegrad sie haben.
Wie hoch fallen Pflegesachleistungen aus?
In welchem Umfang eine pflegebedürftige Person Sachleistungen beantragen kann, hängt vom Pflegegrad ab. Grundsätzlich gilt: Erst ab Pflegegrad 2 besteht ein Anspruch auf monatliche Leistungen.
Unterschied Pflegegeld und Pflegesachleistung
Pflegegeld und Pflegesachleistungen haben gemeinsam, dass sie abhängig vom Pflegegrad gezahlt werden. Doch während Pflegegeld der zur pflegenden Person zur freien Verfügung steht und nach eigenem Ermessen für die Pflege eingesetzt werden kann (z. B. als Zahlung an Angehörige, für Umbauten der Wohnung etc.), werden Pflegesachleistungen direkt zwischen Pflegekasse und ambulantem Pflegedienst abgerechnet.
Neben dem Anspruch auf Zahlungen von Pflegesachleistungen aus der Pflegekasse kann ebenfalls ein Anspruch auf Pflegegeld bestehen. In manchen Fällen können die Leistungen kombiniert werden. Nimmt die pflegebedürftige Person die Pflegesachleistungen zudem nicht in vollem Umfang in Anspruch, so kann der Differenzbetrag prozentual umgewandelt und als Pflegegeld ausgezahlt werden. Dabei handelt es sich um maximal 40 % des jeweiligen Betrages.
Wie setzen sich Pflegesachleistungen zusammen?
Grundsätzlich entscheiden Pflegebedürftige selbst, in welchem Umfang sie Pflegesachleistungen beanspruchen möchten. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, inwieweit Angehörige, Freunde oder Ehrenamtliche in die Pflege einbezogen werden. Wichtig ist dabei immer, dass die Bedürfnisse und Wünsche der zu pflegenden Person an erster Stelle stehen, aber auch, dass alle Beteiligten in der Lage sind, diesen gerecht zu werden. Angehörige haben oft selbst Ansprüche auf weitere Unterstützung aus der Pflegeversicherung.
Was, wenn die monatlichen Leistungen die Kosten nicht decken?
Natürlich kann es passieren, dass man sich eine umfassendere oder teurere Pflege wünscht, als die Pflegesachleistungen abdecken. In diesem Fall muss die pflegebedürftige Person die zusätzlichen Kosten selbst tragen. Hier kann es helfen, wenn vorab zusätzliche private Versicherungen geschlossen wurden, die solche Mehrkosten übernehmen.
Auswahl und Vertragsschluss mit Pflegesachdienstleistern
Wurde ein entsprechender Pflegegrad festgestellt und Pflegesachleistungen bewilligt, obliegt es der zu pflegenden Person, einen Dienstleister auszuwählen. Dabei kann es sich um einen regulären Pflegedienst, aber auch um Einzelpflegekräfte, die selbstständig arbeiten, handeln.
In beiden Fällen wird ein verbindlicher Pflegevertrag geschlossen, der Umfang und Art der Leistungen und die vereinbarte Entlohnung definiert. Die Abrechnung erfolgt über die Pflegekasse.
Preis- und Leistungsvergleiche
Die Pflegekassen stellen kostenlos Listen mit Leistungs- und Preisvergleichen zu den verschiedenen Pflegediensten zur Verfügung. Diese erhält man entweder auf Anfrage oder kann sie online im Internet abrufen. In diesen Transparenzberichten werden die Dienste per Schulnotensystem bewertet. Aber Vorsicht: Schauen Sie genau hin, in welchen Bereichen welche Zensuren vergeben wurden. Denn jede Person, die Pflege benötigt, hat ganz individuelle Bedürfnisse. Zögern Sie im Zweifel nicht, die Pflegekasse zu kontaktieren!
Was gilt es zu beachten?
Pflege ist ein Thema, das oft mit großen Emotionen in Verbindung steht. Um Angst, Stress und Unsicherheit zu vermeiden oder zumindest zu minimieren ist es daher umso wichtiger, dass sich alle Betroffenen wohl und sicher fühlen. Hierbei spielen Sympathie und menschliche Präferenzen eine wichtige Rolle, schließlich kommen sich die pflegebedürftige Person und das beauftragte Personal physisch und psychisch oft sehr nah.
Um den individuell richtigen Pflegesachdienstleister zu finden, ist es daher sinnvoll, sich umfassend zu informieren, zu vergleichen und auch den persönlichen Kontakt zu suchen. Ein guter Pflegedienst geht auf die individuellen Bedürfnisse der zu pflegenden Person mit Empathie ein und unterstützt sie dabei, größtmögliche Selbstständigkeit zu bewahren, während sie gleichzeitig umfassend entlastet wird.
Kriterien für einen seriösen Pflegedienstleister
Von der Pflegekasse zugelassen
Transparente Kommunikation
Fachlich qualifiziertes Personal
Kompetent und bezahlbar
Gute Erreichbarkeit
Ablauf der Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen
Wie genau läuft es ab, wenn man Pflegesachleistungen beantragen möchte? Damit Sie nicht den Überblick verlieren, haben wir Ihnen hier eine Checkliste zusammengestellt, an der Sie sich orientieren können.
Checkliste Pflegesachleistungen beantragen
- Kontaktaufnahme mit der Pflegekasse
- Pflegebegutachtung durch den MD oder Medicproof
- Feststellung des Pflegegrads
- Antrag auf Pflegesachleistungen bei der Pflegekasse stellen (formlos per Brief, Mail, Fax oder Telefon)
- Ausfüllen der Antragsformulare
- Information über die bewilligten Leistungen
- Aufstellen einer Liste der speziellen Bedürfnisse und Wünsche (Stimmen diese mit den bewilligten Leistungen überein?)
- Suche und Vergleich von geeigneten Pflegedienstleistern (Brauche ich einen Spezialisten? Möchte ich über die bewilligten Leistungen hinaus Dienste auf eigene Kosten in Anspruch nehmen?)
- Kostenvoranschlag für Pflegesachleistungen erstellen lassen
- Abwicklung über die Pflegekasse
- Abschluss eines schriftlichen Pflegevertrages, inklusive genauer Definition der vereinbarten Leistungen
- In manchen Fällen: Umwandlung eines Differenzbetrags in Pflegegeld
Hier sind noch einmal alle wichtigen Informationen zum Thema für Sie zusammengefasst.
Checkliste herunterladen
Kündigungsfristen
Schließt man einen Pflegevertrag ab, so hat man als pflegebedürftige Person jederzeit das Recht, diesen fristlos zu kündigen, sollte man das Vertrauen in das Pflegepersonal verlieren. Gleichzeitig sollte man darauf achten, dass von Seiten des Pflegedienstes eine möglichst lange Kündigungsfrist eingehalten wird. So kann im Falle einer Beendigung des Pflegevertrags von Seiten des Dienstleisters nach Ersatz gesucht werden, ohne dass man in Zeitnot gerät.
Welche Pflichten entstehen durch die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen?
Die pflegebedürftige Person ist verpflichtet, dem beauftragten Pflegedienst wesentliche Veränderungen, die den geschlossenen Vertrag beeinflussen, so schnell wie möglich zu melden. Sollte sich beispielsweise der Pflegegrad ändern oder mehr Pflege benötigt werden, so sind das wichtige Informationen, die Höhe und Umfang des Pflege-Arrangements betreffen. Weitere Beispiele können neue oder andere Medikamente, eine Umstellung der Ernährung, eine veränderte Wohnsituation oder eine Umstrukturierung des Alltages sein.
Grundsätzlich ist es nie verkehrt, bei Fragen, Änderungen oder auch Unzufriedenheit das offene Gespräch zu suchen. Denn: Nur so können gemeinsam Lösungen erarbeitet werden!
ZUSATZINFO: Ambulanter Betreuungsdienst
Nicht alle Aufgaben müssen von einem Pflegedienst übernommen werden. Wenn es sich beispielsweise um hauswirtschaftliche Angebote handelt, kann auch ein Betreuungsdienst als zugelassener Leistungsbringer engagiert werden. So werden Pflegedienste entlastet, da es sich hierbei nicht um ausgebildetes Pflege-Fachpersonal handeln muss.
Quellen
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/pflegedienst-und-pflegesachleistungen.html
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/b/betreuungsdienste.html
- https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/36.html
- https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflege-zu-hause/ambulanter-pflegedienst-checkliste-fuer-die-auswahl-10748